4/19/2011

Der Kunstkauf - das steuerlich absetzbare Etwas



Menschen, die ein Büro ihr Eigen nennen dürfen, eine Privatbank besitzen und Menschen, die Immobilien erwerben, denken früher oder später auch darüber nach, ob und was sie steuerlich in diesem Zusammenhang absetzen könnten. Zum Beispiel: Kunst. Zum Beispiel: Bilder im Foyer, dem Konferenzraum oder Bilder hinterm Chefsessel.
Verheißungsvolle Mythen, Andeutungen und gar Versprechen werden gern bei Kunsteinkaufsgesprächen im Handel in den Raum gestellt. Ich selbst stehe der Idee, Kunst steuerlich „absetzen“ zu wollen, in dem Moment skeptisch gegenüber, wenn dies  zum Alleinstellungsmerkmal einer Kaufentscheidung wird.
Wir Kopfhandwerker in der Zunft der „Bildenden Kunst“ mögen am ehesten die leidenschaftlichen Sammler, die um der Sache willen kaufen. Dort glauben wir unsere Arbeit am Besten aufgehoben, verstanden und eingehütet.
Wenn denen weitsichtige Steuerpolitik hülfe, ihre Sammlung zu vergrößern, wäre auch dem Kunstbetrieb geholfen und weniger Künstler müssten wirtschaftlich an anderer Stelle ihren Broterwerb sichern. Eine heikle Angelegenheit, dort kluge Steuerpolitik zu machen und dabei Trittbrettfahrer in allen Lagern im Zaum zu halten. Pauschalurteile sind da wohl genau so unbrauchbar, wie es unmöglich ist exakt zu bestimmen was eigentlich KUNST ist.
Um in der Sache so richtig wie möglich zu entscheiden, sollte der Kunde über Bildung verfügen. Damit meine ich nicht nur die kulturelle Bildung, die man bei uns im Abendlande voraussetzen darf. Kunsterfahrung ist eine vor allem sinnliche Erfahrung aber auch eine Erfahrung, Widersprüchliches zu erkennen und über Zeiten auszuhalten. Letztlich entscheidet ausschließlich die vor uns liegende Zeit darüber, welches Erzeugnis in welcher Qualität eines Tages das Attribut KUNST tragen darf. Intellektualität ist im Heute dabei von Nutzen, aber nicht der ausschließliche Zugangscode. Häufige, langfristige und geduldige Beobachtungen auf dem Kunstmarkt lokal, national und international helfen den eigenen sich allmählich bildenden Instinkt auszubilden, das „Bauchgefühl“ entsteht und die Entscheidungsqualität beim potentiellen Kunstsammler wächst. Gründlich forschende Galerie- und Museumsbesucher sind seltener geworden. Doch wer bittet, von Neugier getrieben und Sehleidenschaft enthemmt noch einen Galeristen darum, seine Grafikbestände in den Schubladen lagernd zu zelebrieren oder lässt sich im graphischen Kabinett eines Museums eine Originalradierung oder Handzeichnung Goyas vorlegen?
Ein demokratisches Recht für das einst Revolutionen gefochten haben und das noch immer gilt! Unendliche Wege der Auseinandersetzung und Annäherung an KUNST schaffen genussvoll den Humus für Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein, um ggf. die für sich richtige Kaufentscheidung zu treffen. Sind wirtschaftliche Spekulationen allerdings die dominierenden Kaufgelüste, hat der Sammler grundsätzlich schlechtere Karten. Man sollte das Bild, wenn auch aus undefinierbarem Grunde zwingend haben wollen, dann war es immer eine gute und kluge Kaufentscheidung! Klingt etwas mephistophelisch. Aber Gefühle, auch Kaufdranggefühle sind nicht vollständig ergründbar. 
Fakt ist; ein wirklich gutes Bild bleibt immer ein gutes Bild! Basta! Und das, unabhängig von am Markt temporär bestimmten Wertzuwachs und -verfall, den bekanntermaßen auch Spekulanten mitmanipulieren können.    
Ich meine, die souveränsten Sammler sind die, die mit dem manischen Zwang ausgestattet sind zu kaufen, dieses Original besitzen zu müssen, weil sie dem Naturell des Künstlers am ehesten entsprechen, der ja ebenfalls dieses Stück Kunst nur macht, weil es ihn dazu drängt.
Das Verhältnis zur Kunst des Einzelnen ist im Kontext unseres gesellschaftlichen Daseins eine außerordentlich komplexe Angelegenheit. Und natürlich auch eine Frage der Definition und vor allem der Haltbarkeit von Behauptungen. Zum Beispiel: Was ist KUNST. Und wann ist KUNST keine KUNST mehr? Oder schlimmer noch, sie war ehrlich gesagt nie KUNST !
Heerscharen von Kuratoren schwätzen, immer häufiger beauftragt um als Gastredner in das Werk eines noch Unbekannten einzuführen, in die Gehörgänge möglicher Interessenten unverständlich akademisch anmutendes Kauderwelsch auf Vernissagen über KUNST. Auf Honorarbasis formulieren sie dort, dem Zuhörenden dabei alle, im Moment noch zur Verfügung stehende Konzentration abfordernd, Zeitgeistiges und vor allem eben Wertbildendes. Wohl dem, der in solchen Momenten über ein googleartiges Gedächtnis verfügt oder eben auf dem aktuellsten Stand der Synonymwortakrobatik geschult ist. Kunstmarktgeflüster. Nun der Leser ahnt, ich selbst mag Ausstellungseröffnungen nicht sonderlich.
Um die Menschen, die sich oft auch tatsächlich uneigennützig für den Künstler ins Zeug legen nicht zu brüskieren, geht man als Betroffener hin, begibt sich reflexartig in obligatorische Verlegenheitspose, kämpft etwas gegen das Aufkommen von Schamröte im eigenen Gesicht und müht sich ggf. um ein überzeugendes freundliches Lächeln. Schon steckt man selbst mitten im Aufwertungsszenario. Unumgänglich wohl für den Akteur, der ja sein täglich Brot allein durch Malen von Bilder erwerben möchte.
Wer wird dem eloquenten Lobpreisenden jetzt noch widersprechen? Mir ist noch kein Laudator begegnet, der zwecks kritischen Hinterfragens an solcher Stelle aufgetreten wäre. Der Ort wäre freilich auch falsch gewählt. 
Die Kultur der Kunstkritik ist ausgedörrt. Sie hat sich aus hinlänglich bekannten Gründen ins Feuilleton von Wochenzeitschriften zurückgezogen, kratzt nur höchst selten am Lack der BILDKUNSTELITEN oder hat sich selbst abgeschafft. Offensichtlich ist die lebendige, sachliche und freilich gelegentlich auch verletzende Kritik eine sich zum Glashaus verwandelte Oase, in einer nunmehr öden, noch vor Zeiten wuchernden Verballandschaften des Pro und Kontra. Als etwaiges unterstützendes Rückversicherungselement in der subjektiven Kunstwertbeurteilung kaum noch brauchbar. 
Doch keine Sorge, natürlich gibt es für den Investor ausreichend Quellen mit Statistiken über Wertzuwachs, wenn man den Kapitalwert von Kunst in seinen Bewegungen verfolgt. Will sagen: Wer auf diese Weise über den Ankauf von Kunst entscheidet, stößt das Tor über dem das Wort SPEKULATION steht weit auf. In dieser Kaufhalle gelten Gesetze, die nicht den zarten Linien einfacher Logik folgen, die sich nicht zwingend an Gewissensgrundsätzen orientieren und die von unvorhersehbaren Risiken durchdrungen sind. Da kann man freilich u.U. Kapitalrenditen bis zu etlichen Tausend Prozent erzielen, wenn man diesen Moment dann selbst noch erlebt.  
Wer viel weiß über die  Kunst und die Künstler, wer sich schon oft verloren hat in den betörenden Gärten der Kunstgeschichte und erlebt hat, wieviel  sinnliche Kraft aus Kunst zu gewinnen ist, der gibt gern auch mehr her, als er hat.
Hier nun ein Hoch dem privaten Unverzagten und Genussmenschen. Der macht mit seinem Kapital Kunstgeschichte möglich, dort wo Museen überfordert sind und mit kleinem Budget, Kunst eher verwalten als sie zu sammeln. Eigentlich eine hoheitliche Aufgabe des Staates ist es, auch engagiert aktuelle Kunst zu sammeln und zu fördern. Eine veränderte deutsche und europäische Steuerpolitik ­ - das wären wirkungsvolle Werkzeuge, da Großes zu ermöglichen. Für den Sammler mit Monatsgehalt und den mit Kapitalbildung.
Hier müsste die oben erwähnte Revolution noch nachbessern! Barrikaden dafür sind momentan nicht auszumachen. Massen für diese Idee wohl nicht ausreichend zu gewinnen.

Ungewöhnlich und zur Kreativität nahezu einladend finde ich die Haltung des Gesetzgebers und den im Angebot implizierten Auslegungsspielraum für mutige Steuerberaterbüros und aber eben auch Finanzbeamte. Ein Eldorado der Uneindeutigkeiten das der Entscheidungswillige möglicherweise lebhafter nutzen sollte.
Abschließend für nüchtern denkende Kunstinteressenten und zur allgemeinen Erbauung empfehlenswerte Links für Steuerzahler und Kunstsammler zur Lektüre, die sich ja manchmal der gleichen sinnstiftenden Neigung hingeben.

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