![]() |
DGK Paradies 042, XXIII. Gesang, 2010, 29 cm x 37 cm, Aquacryl auf c-print |
Lebend´ge Funken stiegen aus den Fluten empor, allseits sich in die Blumen senkend, Rubinen ähnlich, die mit Gold umschlossen. Dann taucht, wie von Duft betäubt, sie wieder in jene wundersamen Wogen unter,...
Übersetzung Philalethes
Umberto Eco hat in der „Nachschrift“ zu seinem Mittelalterroman „Der Name der Rose“ geschrieben, daß ein Roman eine Maschine zur Erzeugung von Interpretationen sei.
Welche Auffassung von Rezeptionsästhetik hinter diesem kernigen Satz steht, soll hier nicht weiter erörtert werden, aber: die Divina Commedia ist einer der schlagendsten Beweisefür seine Stimmigkeit.
Kurz nach der Wende zum 14. Jahrhundert als „Commedia“ („Stück mit gutem Ausgang“, hat also nichts mit unserer Vorstellung eines „lustigen“ Theaterstückes zu tun) verfaßt, erhob es wenige Jahrzehnte später Giovanni Boccaccio zur „divina“, also göttlichen, weil unübertrefflichen. Und das war sie dann auch. Kaum ein Werk ist häufiger kommentiert, übersetzt, erklärt, interpretiert worden als Dantes schon im Ausgang des Mittelalters die Moderne einläutende „Göttliche Komödie“.
Und so wollen wir dann auch Wolfgang Tietzes Blätter zur Hölle, zum Läuterungsberg und zum Paradies verstehen: als Interpretationen. Es liegen eine ganze Reihe wunderbar illustrierter Ausgaben vor, angefangen mit den herrlichen Zeichnungen von Sandro Botticelli bis hin zu den dramatischen Illustrationen von Gustave Doré. Aber genau das ist es nicht, worum es Wolfgang Tietze mit seinen Arbeiten geht. Nicht sollen einzelne Szenen möglichst plastisch und „texttreu“ visualisiert werden, sondern die Blätter sind Ergebnis der Arbeit am und des Umganges mit dem Text in verschiedenen Übersetzungen
und auch im Original. Übermalung einer gedruckten Vorlage mit Fläche und Strich – das sind schon allein von der Materialität drei Ebenen, die Tietze aber nicht palimpsestähnlich untereinander versteckt, sondern miteinander zum Ausdruck bringt. Ausgeführt sind nicht die Gestalten, sondern ihre Beziehungen. Über die Mehrschichtigkeit der „Technik“ und die Beziehungen der Bildelemente hinaus ist des die Farbigkeit, die jedes Blatt bestimmt – jedes hat „seine“ Farbe und damit eine weitere, die fünfte Bestimmungsebene. Die Blätter zeichnen nicht die Motive des Epos’ nach, sondern sind gebildet nach derselben Tiefenstruktur, Schicht für Schicht – wie der Meister bei der Erzeugung des Textes arbeiten und die „Ergebnisse“ gleichwertig neben den Text stellen.
Eben interpretieren, nicht illustrieren.
Dr. Ulrich Rose
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.