3/17/2018

Urban area - Wege zum Stadtraum


Noch immer und wohl noch eine ganze Weile suche ich die bildnerische Form, die meinem Gefühl und meinem Dasein nunmehr im großstädtischem Raum nahe kommt. Nach 30 Jahren Leben in einem 50 Seelendorf und diversen kürzeren oder längeren Studien- oder Stipendienaufenthalten in fremden Großstadträumen ist das schon für mich eine derbe Veränderung auch des Lebensgefühls.
Letztlich hat es vielleicht gar einen Vorzug, nach der zeitlichen und räumlichen Distanz zum Stadtraum jenen nun als Maler und Zeichner neu zu erfahren.

Es ist tatsächlich schon ein radikaler Schritt für mich gewesen, den ich in seiner Bedeutung für mich vor meinem Umzug so nicht erwartet hatte.
Es war damals  mit 31 Jahren unmittelbar nach meinem Studium an der HGB in Leipzig eigentlich überhaupt kein Problem für mich, von Leipzig nach Hohenbüssow in Vorpommern zu gehen. In einer ehemaligen Dorfschule in großzügigen Räumen zu leben und zu arbeiten.
Allein der Umzug des Atelier von Hohenbüssow nach dieser langen Zeit zurück nach LE war ein extrem logistischer Kraftakt. Die emotionale Komponente mal gänzlich außen vor gelassen.
Aber ich wollte glasklar die vermeintlich letzten 30 Jahre wieder in einer Großstadt leben. Das es ausgerechnet Leipzig wurde, ist eher einer Kette von Zufällen zuzuschreiben. Geplant war eigentlich der Umzug in eine x-beliebige nordeutsche Stadt am Meer.
Letztlich nun wieder ein "Eremitendasein" in einer knapp 600 000 Einwohnerstadt.
Mir war auch klar, das wird sich in meiner Arbeit zeigen. Ob ich will oder nicht.





Überall Stadtbilder um mich herum



Zunächst war mir wichtig, formal über Anschaulichkeit und einer gewissen topografischen Entsprechung Bilder zu machen. Eine Konsequenz nach meinem Umzug war meine Absicht, sich gefährlich nähernden Manierismen aus dem Wege zu gehen, einen formalen Bruch zu suchen, auf Bewährtes weitesgehend zu verzichten. Sich neu erfinden. So gut es eben geht.

Ausgangspunkt waren eigene Fotos vom Hochhaus des MDR im Stadtzentrum Leipzigs. Auch andere Städte, zu denen ich einen persönlichen Bezug habe, möchte ich mir auf diese Art ermalen. Wohlwissend, dass dieser Malprozess eher mit mir selbst, als mit der Absicht des möglicherweise erwartenden Abbildes zu tun haben wird.
Malen muß ein ausschließlich egoistischer zwingender Vorgang im besten Sinne des Wortes sein.
Ist allerdings auch kein ausreichender Garant für Qualität. Die kommt mit Glück nur durch ständiges Anzweifeln dessen, was vor einem entsteht. Vorausgesetzt, es folgen bessere Entscheidungen vor der Leinwand. Und das ist und bleibt trotz aller Erfahrungen immer ein Deal mit dem Zufall und dem eigenen Verstand.





"Über Leipzig", 2017, Acryl auf Leinwand, 100x120 cm, In Privatbesitz





So entstanden und entstehen aktuell Arbeiten, die sich auf  Leipzig, New York, Greifswald, Paris, Moskau, Berlin, Prag, Hamburg, Stralsund u.a. Stadträume beziehen. In der Regel immer aus der Vogelperspektive gesehen und in eine Form gebracht, die mein Gefühl, Erinnerungen und meinen eigenen Bezug zur Stadt zeigt.

Natürlich werden auf diesem Weg auch sinnvolle und unvermeidbare Abstraktiongrade von mir gewählt. Manche reduzieren sich ausschließlich auf das Empfinden meiner Person und die diverser Figurationen im städtischem Raum allgemein. So kam ich zur Wortfindung für diese Werkgruppe, die die komplette Auseinandersetzung mit dem Thema beinhaltet. "Urban area"





"Urban area", 2018, Acryl auf Leinwand, 80x100cm, In Privatbesitz





 Wie eigentlich immer, arbeite ich an zahlreichen Bildern gleichzeitig. Das hat den Vorteil, man kann einige davon beiseite stellen "reifen" lassen und später mit etwas unverstellterem Blick weiter daran arbeiten.





Im Atelier aktuell in Arbeit einige Großformate "Urban area"





Kleiner Arbeiten liegen während der Arbeit auf dem Tisch, größere stehen an der Wand.
                                              



Arbeitsfoto, "Urban area", 2018, Acryl auf Leinwand.



Nach anfänglichen Übergangproblemen in der Stadt, habe ich zwischenzeitlich wieder meine alte Form der künstlerischen Justierung finden/erreichen können. Wichtig dabei war für mich anfangs ein Atelier zu finden. Vormittags ins Atelier, abends ins heimische Gehäuse. Bei Schnee und Eis mit 4 Rädern. Sonst ein toller Weg durch den Leipziger Auenwald auf 2 Rädern.

Ende Mai gibt es im Atelierhaus in der Franz-Flemmingstrasse 15 in Leipzig-Leutzsch wieder ein Wochenende "Franz-Flemming - offene Atelierhäuser". Da spätestens kann der geneigte Betrachter schauen, was in meinem Atelier entseht.
Freilich kann man sich auch zu anderen Zeit mit mir im Atelier verabreden.
Herzlich Willkommen im Atelier heißt es dann.