1/06/2011

A painting a day - Eine Offerte und ein Anfang

                                              DGK, W. Bl., Nr. 37, Paradies, 2010, 17,5 cm  x  35 cm, Chinatusche auf Karton


Nulla dies sine linea - kein Tag ohne Linie - diese Sentenz nach Plinius und wohl eine Tageslosung für jeden Bildkünstler steht einem Phänomen gegenüber, dass ich seit geraumer Zeit gelegentlich aus dem Augenwinkel beobachtend beargwöhne: A painting a day. Eine Idee aus Übersee, Bilder direkt von den Malenden unter die Sammelnden zu bringen - dies ohne handelnde Galeristen, in Museen agierende Kuratoren und weitestgehend ohne Feuilleton. Nun ist Malerei eine sehr freie Sache und nichts ist überzeugender als erfolgreicher Handel. Oder?
Da ist schon mit oberflächlichster Wahrnehmung sehr viel Fragwürdiges auf den Plattformen, beispielsweise auch in Blogs zu sehen. Und ja, es gibt zumindest suggerierte Erfolgsgeschichten hier und da im Selbstvermarkten. Jeden Tag ein Bild an den Meistbietenden zu versteigern, kann das gut gehen? Hat dies außer dem monetären noch einen anderen Sinn? Freilich, die Käufer und Sammler freut es, wenn sie einen „guten“ Tag erwischt haben. 
Wird der Feilbietende jeden Tag am Rechner sitzen und Sklave der eigenen Geschäftsidee sein? Der Eine oder die Andere führt dabei das Wort: Freiheit im Munde. Neue Fragezeichen. Bringt der anbietende Künstler sich nicht um einen wichtigen Teil seiner Unabhängigkeit, wenn er, wie ein Laufwerk täglich ein Thema, ein Format und einen imaginären Einkäufer bedient? Wie reagiert der sich im Netz präsentierende Künstler auf ein sich abzeichnendes Interesse an ganz originären Objekten? Wie beeinflusst der Meistbietende die künstlerische Vita des Erzeugers von Bildkunst? Wie beeinflusst dieser Handel aus dem Atelier heraus den ohnehin lädierten Kunstmarkt in seinen sich erneuernden Strukturen? Gibt es tatsächlich neue Rivalitäten oder sind die Galeristen gar mittlerweile daran interessiert, dass sich Künstler auch autonom vermarkten? Was spricht dagegen, kleinformatige Arbeiten direkt vom Künstler via Internet zu erwerben. Größere sollte man grundsätzlich ohnehin besser beim Galeristen oder beim Künstler vor Ort sinnlich wahrnehmen und dann glücklich nach Hause tragen. Ein vermutlich ambivalentes Agieren? Produktiver Widerstand und kritische Selbstreflexion sind da wohl die klassischen und bewährten Paten gegen verfälschende Einflussnahme des Wohlgefallens im Kleide des Mammon. 
An eines darf jedoch erinnert werden, ein unmittelbareres Agieren und Reagieren der Beteiligten als im Internet ist nur im offline-Leben möglich, stehen sich die Akteure da doch leibhaftig gegenüber. Anonym, das weiß man, ist der user gern schnell dabei, Meinung zu machen. So what. Immerhin, die Welt zumindest in Teilen „bei sich zu Hause“, Distanz und Nähe gleichermaßen, Wertschätzung und harsche Kritik ebenso. Das bildet und schärft den Verstand und öffnet Tore, von denen heute bisher vielleicht noch keiner Kenntnis hat. Und das ist doch was!
Am Sonntag den 30. Januar 2011 werde ich beginnen, jeden Sonntag in Folge, eine aktuelle Arbeit zu versteigern. Die Modalitäten der Auktion gebe ich zuvor noch auf diesem Blog bekannt. Zunächst werden dann regelmäßig kleinformatige Tuschzeichnungen angeboten, die das zeichnerische Ergebnis meiner gegenwärtigen Beschäftigung mit dem Dante-Epos dokumentieren und begleiten. Das Thema dieser angebotenen Tuschzeichungen: Paradiso. Die Arbeiten sind ausschließlich Originalzeichungen und somit Unikate. Es würde mich sehr freuen, wenn viele Neugierige und Wegbegleiter ihre Blicke und ihr Interesse auf meinen Blog und meine Aktivitäten im Netz richten würden. Für sachdienliche Tipps und Hinweise auf eventuelle inhaltliche oder formale Fehler in diesem Blog meinerseits bin ich sehr dankbar. 






Das Bild, der Preis – ein offenes Geheimnis


Jeder Kunstliebhaber stellt sich einmal die Frage, wie der Preis eines Kunstobjektes festgelegt wird. Eine undefinierbare pikante Angelegenheit? Mitnichten. Am Kunstmarkt gelten Regeln ähnlich denen am Wochenmarkt. Bekanntestes Beispiel ist die Preisbildung an Hand der Nachfrage. Nun mögen einige aufschreien, ob des Vergleiches. In meinem Fache der Malerei und Zeichenkunst ist die Sache recht einfach. Da gib es eine Formel. Der Endpreis, den der Kunde beim Geschäftsabschluss an den Künstler oder wahlweise Galeristen zahlt, entsteht im Ensemle verschiedenster Kriterien und Abwägungen.
Folgende Voraussetzungen werden ins Kalkül gezogen: Zunächst die Vita des Künstlers. Wo hat er welche Ausbildung erfahren, mit welchen bedeutenden Stipendien wurde er ausgezeichnet? Wer hat sein Werk schon wo präsentiert (Museen, Galerien, Kunstmessen)?  Wer hat schon in den Künstler investiert (Museen, Sammlungen, Galerien)? Aber auch diverse Fixkosten im Atelier und Galeriebetrieb sind preisbildend und natürlich auch die Bedeutung des zu bewertenden Werkes selbst für das Schaffen des Autors. Nur wie bilden all diese Faktoren einen Preis? Wird da etwa aus dem Bauch heraus entschieden? Natürlich gibt es das auch. Da wäre die reine Spekulation im Spiele. Doch der seriöse Künstler beziehungsweise Galerist geht behutsam mit diesen Entscheidungen um, denn des Sammlers Gunst ist hohes Gut und wechselseitiges Vertrauen ist oberstes Gebot. Wir wissen, Kapital ist ein scheues Reh. Auch am Kunstmarkt. Und welche Blüten dieser Markt so treiben kann, wird sehr anschaulich in der Dokumentation „Die Millionenblase“ des Filmemachers Ben Lewis für ARTE. Noch zu sehen bei youtube.


http://logr.org/crank/files/2009/05/800px-dollarnote_hq.jpg
                                                    

Nun zurück zum redlichen Handel und der Preisbildung. Am Anfang einer Malerkarriere bildet der Künstler möglicherweise selbst nach Schätzungen und Begehrlichkeit am entstehenden Interesse an seinen Arbeiten einen Basispreis. Das ändert sich oft schnell, wenn der Künstler durch die Zusammenarbeit mit einer oder mehreren Galerien „geadelt“ wird, die im  internationalen Kunstmessehandel involviert sind. Nun kommt das Risiko, ein Schuss Spekulation (Marge) und die oft nicht unerheblichen Fixkosten des Galeriebetriebes hinzu. Es erfolgt nun eine Aufwertung per se. All das sind ausgewählte maßgebliche Kriterien aus denen der Bedeutungsfaktor X entsteht. Nun wie weiter? Jetzt wird’s einfach.
Die am Markt übliche Form einen Preis für eine Bild zu ermitteln ist simpel, einleuchtend und zugleich irritierend. Die Formel: Man nehme Höhe plus Breite des Bildformates  in Zentimetern  und multipliziere diesen Wert mit dem Faktor X.
Mir persönlich beispielsweise wird bei dieser Rechenaufgabe am Markt bei Mittel- und Großformaten ein Faktor zwischen 18 und 20 zugeschrieben, bei kleinen Formaten hingegen zwischen 7 und 9. 
Da mir dieses Modell nicht besonders zusagt, habe ich auf meinem Rechner eine mathematische Formel, die mir hilft, einen proportionalen Preis zu ermitteln, der sich am oben genannten Faktor X orientiert. So komme ich zu beinahe identischen Ergebnissen und es wird nach meinen Eindruck für den Kunden leichter nachvollziehbar.
Erwähnt werden sollte noch, dass es gängige Praxis ist, bei Papierarbeiten ca. 10 % vom ermittelten Betrag abzuziehen. Die o.g. Formel kommt natürlich ausschließlich bei Unikaten zur Anwendung. Editionen von Originalgrafiken und serielle Arbeiten werden am Kunstmarkt  nach anderen Kriterien bewertet, sind sie doch oft in unterschiedlichsten Auflagenhöhen erschienen. Vielleicht wurden nur 5 Bögen an einer Handpresse des Künstlers im Atelier gedruckt. Oder es wurde eine überschaubarer Auflage in einer kleinen privaten Grafikdruckerei editiert. Aber auch bewusst irritierend als Originalgrafiken deklarierte Reproduktionen von vorliegenden Originalzeichnungen werden gelegentlich in schier unendlich hohen Stückzahlen vervielfältigt und angeboten. Doch darüber mehr in einem späteren Post. 


http://www.cappellmeister.com/wp-content/500euro.jpg


Ich hoffe dieser Ausflug an Mammons Reichsgrenze hat Ihre Beziehung gegenüber der Kunst nicht allzu sehr eingetrübt. Nur geschätzte 5 % der Künstler und nicht nennenswert mehr Prozentpunkte bei den Kunsthändlern und Galeristen leben gut vom erwirtschafteten Kapital am Markt. Doch der Slalom im Mahlstrom geht weiter. Zwischen Idealismus und purer Existenzbehauptung sind die instabilen Wegweiser für die Aufrichtigen unter den Kunstbesessenen gesetzt.
Letztlich ist und bleibt Kunst KUNST und Markt MARKT. Und das sollte und wird so bleiben!







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